Musikverein »Harmonie« spielte Hochzeits-Wunschkonzert

»Vier Hochzeiten = ein Jahreskonzert« lautete am Samstag die Devise in der Festhalle Leutesheim. Dort gab der Musikverein ein Wunschkonzert der ganz speziellen Art.

Kehl-Leutesheim. »Ein Jahr ohne Musiker-Hochzeit ist ein Jahr ohne Hochzeitsständchen in der Kirche – und das ist ein verschenktes Jahr.« Mit dieser Feststellung hatte der damalige Vorsitzende des Musikvereins Leutesheim, Martin Karch, bei der Hauptversammlung 2013 seine Musiker aufgefordert, in dieser Hinsicht doch bitteschön mal wieder aktiv zu werden. Dirigent Dieter Baran stellte den heiratswilligen Paaren sogar in Aussicht, sie dürften sich die Stücke, die ihnen das Orchester zu ihrem Jubeltag spielen sollte, selbst aussuchen.

Ob’s daran lag, dass sich 2014 gleich vier Paare aus den Reihen der Musiker trauten? Jedenfalls machten sie von Barans Angebot reichlich Gebrauch. Und auf ihren »Wunschzetteln« standen nicht etwa einfache Liebeslieder, sondern richtig »großes Kino« – ausgewachsene Orchesterwerke und Konzertstücke. Für die Musiker hieß das: vor jeder Hochzeit proben, proben, proben. Und da es schade gewesen wäre, den ganzen Aufwand nur für eine Hochzeit betrieben zu haben, strickten sie aus der Wunschliste der Paare auch gleich das Programm für das diesjährige Jahreskonzert.

Ehrentanz
Die Hochzeitsstimmung ließen die Musiker zu Beginn des zweiten Konzertteils wieder aufleben: In der Pause hatten die frisch Vermählten ihre Orchester-Uniform mit Brautkleid und Anzug getauscht und zogen nun zu den Klängen von Felix Mendelssohn Bartholdys »Hochzeitsmarsch« durch den Mittelgang der Festhalle nach vorn vor die Bühne, wo sie dann zu Dimitri Shostakovichs »The Second Walz« einen Ehrentanz aufs Parkett legten.

Auch sonst ging’s viel um große Emotionen – sei es in der von mächtigem Gebläse dominierten weltbekannten Ouvertüre aus Händels »Feuerwerksmusik« musikverein jahreskonzert harmonie leutesheim litzeoder dem erhaben gezeichneten »Großen Tor von Kiew« aus Mussorgskys »Bilder einer Ausstellung« bis hin zu Pop-Klassikern wie »Eloise« von Barry Ryan, »One Moment in Time« von Whitney Houston oder »What a Feeling« von Irene Cara aus »Flashdance«. In den beiden letztgenannten Fällen wusste Linda Tang zu beeindrucken. Das junge Gesangs- und Songwriter-Talent aus Lahr, Bundessiegerin beim Wettbewerb »Jugend musiziert«, schlug sich dabei angesichts der großen Vorbilder mehr als achtbar. Und sie wusste auch solo zu überzeugen: »Von guten Mächten wunderbar geborgen«, die Vertonung des berühmten, tief berührenden letzten Gedichts von Dietrich Bonhoeffer, sang sie ganz allein zur sachte gezupften akustischen Gitarre und mit einem schönen Schuss Blues-Feeling.

Im Übrigen bewies das Orchester wieder einmal seine ganze Klasse. Etwa in »Moment for Morricone«, einem zum Schluss furiosen Ritt, der an die Bläser höchste Anforderungen stellt, exakt mit dem von den Schlagwerkern diktierten Galopptempo mitzukommen, oder einem schön jazzigen und druckvoll gespielten Medley von Blood, Sweat & Tears. Auch Wolfgang Schwarzmüller, erster Violinist im SWR-Sinfonieorchester Freiburg und damit ein Kollege Dieter Barans, bekam seinen großen Auftritt: in der »Meditation aus ›Thais‹« von Jules Massenet, einem eher ruhigen Stück mit leichtem »Madame Butterfly«-Touch.

In den Zugaben gab’s nochmal Grandezza pur: John Miles‘ »Music« und »The Power of Love« von Jennifer Rush setzten den adäquaten Schlusspunkt unter einen emotionalen Abend.

Text/Foto: Michael Müller

Das Ja-Wort gaben sie sich nur einmal, doch ihre Brautkleider durften sich die Hochzeitspaare noch einmal überwerfen. Das Jahreskonzert der »Harmonie« Leutesheim war in diesem Jahr ein ganz besonderes. Foto: Verein

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