Ein kleiner Fisch bereitet den Leutesheimer Anglern möglicherweise große Sorgen. Der rückgängige Bestand an heimischen Fischarten im Leutesheimer Mittelgrundsee war Thema bei der Jahreshauptversammlung am Freitagabend.
Rotaugen und Brassen, die über Jahrzehnte als „Brotfische“ im Mittelgrundsee galten, sind nahezu verschwunden in dem ehemaligen, direkt am Rhein gelegenen Baggersee. Das dürfte sehr wahrscheinlich im Zusammenhang stehend mit der rasanten Vermehrung der Schwarzmeergrundel, vermuten Vereinsboss Jörg Hummel und sein Vorstandsteam. Die Grundel nimmt negativen Einfluss auf die Vermehrung heimischer Fischarten. Rotaugen und Brassen werden zudem durch den Wels bedroht, der sich in den Gewässern unserer Region ebenfalls mit rasantem Tempo vermehrt. Bis zu zwei Meter lang wird der Räuber und er vertilgt große Mengen heimische Fischarten.
Seit rund fünf Jahren wird diese negative Entwicklung beobachtet. Und sie spiegelt sich auch in der Fangstatistik wider, die regelmäßig erhoben wird.
Die über den Rhein-Main-Donau-Kanal zu uns gewanderte Schwarzmeergrundel kann aufgrund ihrer Ausbreitungsfreudigkeit und Fortpflanzungspotenz in kurzer Zeit große Bestände aufbauen. Bei diesen Dichten seien Auswirkungen auf die einheimische Fauna unausweichlich, hieß es in der Versammlung. Die Schwarzmeergrundel tritt gegenüber heimischen Arten als Nahrungs- und Raumkonkurrent auf. Sie frisst den heimischen Fischen die Nahrung weg, verzehrt deren Jungbrut und ist darüber hinaus auch als bedeutende Laichräuber in Verdacht.
In den USA ist die Grundel bereits seit den 1990er Jahren anzutreffen. Dort hat sie, vermutlich durch Wegfressen der Brut, einen fast vollständigen Reproduktionsausfall bei der heimischen Seeforelle verursacht. Auch weitergehende Auswirkungen der Grundel auf neu besiedelte Ökosysteme sind bekannt. An der Ostsee wurde seit der Ausbreitung der Schwarzmeergrundel ein Anstieg der Kormoran-Population um das Zehnfache verzeichnet. Die Kormorane fressen gerne Grundeln, weil sie im Überfluss vorhanden sind. Die Zunahme der Kormorane, die in Leutesheim auch beobachtet wird, dürfte die durch die Grundeln bedrängten heimischen Fische aber zusätzlich unter Druck setzen, informierte Schriftführer Jürgen Preiß.
Die Leutesheimer Angler haben sich wegen des stark zurückgehenden Fischbestandes mit den Nachbarn aus Auenheim in Verbindung gesetzt. Deren Fischerzunft hat die gleichen Probleme. Der Mittelgrundsee grenzt direkt an die Auenheimer Fischgewässer an und hat auch eine Anbindung an den Rhein. Von dort dürften Grundel und Wels einwandert sein.
Ob der heimische Bestand an Rotaugen und Brassen noch zu retten ist, scheint ungewiss. Auf Besatzmaßnahmen will der Verein vorerst verzichten. Nach Lage der Dinge werden sich die Fische wegen des hohen Grundelbestandes nicht vermehren können. Auch hat sich im Mittelgrundsee mittlerweile der Wels breit gemacht. Auf dessen Speisezettel stehen die Grundel, aber halt auch heimische Fischarten. In Leutesheim sind nur ganz wenige Angler auf das Fischen von Welsen spezialisiert. Natürliche Feinde hat der Riesenräuber nicht.
Die weitere Vorgehensweise wollen die Leutesheimer Angler mit dem Landesfischereiverband und mit den Nachbarn aus Auenheim abstimmen.
Finanziell sind die Leutesheimer Petrijünger hingegen gut aufgestellt. Das ging aus dem Finanzbericht von Torsten Bauer bei der Versammlung am Freitagabend hervor. Um gut über die Runden zu kommen, werden aber weiterhin die Erlöse des Sommerfestes benötigt, mahnte der Finanzboss. Nur so könnten sich die 124 Leutesheimer Angler weiterhin einen relativ günstigen Mitgliedsbeitrag leisten.
Jörg Hummels Apell an die 40 anwesenden Mitglieder war demnach klar: „Wir brauchen eure Unterstützung bei den Arbeitseinsätzen und am Vereinsfest.“